Was bedeutet Kündigung wegen Eigenbedarfs?

Eigenbedarf gilt grundsätzlich als berechtigtes Interesse des Vermieters und rechtfertigt eine ordentliche Kündigung Mietverhältnisses.

Für wen kann Eigenbedarf geltend gemacht werden?

Nach dem Willen des Gesetzgebers kann der Vermieter Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zunächst für sich selbst geltend machen, das heißt, er will die Räume selbst beziehen. Hierbei kommt es auf die Eigenschaft als Vermieter an. Ist der Eigentümer nicht Vermieter; kommt es nur auf den Eigenbedarf des Vermieters, nicht des Eigentümers an.
Weiterhin erstreckt sich der Personenkreis, für die der Vermieter Eigenbedarf geltend machen kann, auch auf Personen die zu seinem Haushalt gehören oder seine Familienangehörigen. Haushaltsangehörige in diesem Sinne können Hausangestellte oder auch Pflegepersonen sein, die sich im Gegensatz zu den Familienangehörigen zu dem Zeitpunkt, zu dem der Eigenbedarf geltend gemacht wird, bereits im Haushalt des Vermieters befinden müssen.

Der Begriff der Familienangehörigen ist vom Gesetzgeber nicht weiter definiert worden.

Darunter fallen zunächst die Verwandten der auf- und absteigenden Linie, das heißt Kinder des Vermieters und zwar auch nichteheliche Kinder und deren Mutter (LG Berlin GE 92,101), Enkel, Eltern und Großeltern des Vermieters. Weiter kommen in Betracht Verwandte in der Seitenlinie, also Geschwister des Vermieters. Dies wurde für einen Bruder des Vermieters ausdrücklich entschieden (BayObLG WuM 84, 14).

Für weiter entfernte Verwandte oder Verschwägerte war in der Vergangenheit von Instanzgerichten eine besondere Verantwortung des Vermieters für diese Personen gefordert worden (z.B. Cousin des Vermieters: LG Frankfurt a.M. WuM 04, 209).

Der Bundesgerichtshof hatte indes für den Fall des Eigenbedarfs entschieden, dass für Nichten und Neffen des Vermieters, es nicht darauf ankommt, ob eine besondere persönliche Beziehung oder soziale Bindung zum Vermieter besteht (BGH, Urteil v.27.1.10, Az.: VIII ZR 159/09).

Unser Tipp für Vermieter

Wird Eigenbedarf für einen weiter entfernteren Verwandten oder Verschwägerten geltend gemacht, sollten die vorgenannten Umstände bereits im Kündigungsschreiben vorgetragen werden.

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen von Eigenbedarf: das „Benötigen“

Das Wort benötigen erweckt bei unseren Mandanten häufig den unzutreffenden Eindruck, dass der Vermieter sich in einer Wohnungsnot befinden muss. Dem ist indes nicht so.

Nach dem Bundesgerichtshof (BGH Beschluss vom 20.01.1988 – VIII ARZ 4/87) und dem Urteil des BVerfG vom 14.2.89 (NJW 89, 970) sind im Ergebnis nur vernünftige und nachvollziehbare Eigennutzungsgründe erforderlich aber auch ausreichend, um eine Kündigung des Mietvertrages wegen Eigenbedarfs zu rechtfertigen.

In der Praxis wurde beispielsweise Eigenbedarf in den folgenden Fällen bejaht:

  • Bewohnen einer unzumutbar teuren Wohnung durch den Vermieter (LG Karlsruhe WuM 82, 210),
  • Beanspruchung größeren Wohnraums aus beruflichen Gründen rechtfertigt die Eigenbedarfskündigung (LG München I WuM 89, 296), wobei es ausreichen kann, dass der Wohnraum nur unwesentlich nicht größer ist, aber z.B. einen besseren Zuschnitt oder mehr Zimmer aufweist (LG Landau/ Pfalz ZMR 92, 396) oder allgemein die Wohnverhältnisse verbessert werden (LG Essen ZMR 94, 262),
  • wesentlich größere Nähe zum Arbeitsplatz nach Arbeitsplatzwechsel (LG Stuttgart WuM 90, 106),
  • die Schaffung eines Arbeitszimmers
  • nicht mehr ausreichende Wohnräume bei Heirat des Vermieters,
  • Eigenbedarf für den Ehepartner und die Kinder des Vermieters, von denen dieser sich getrennt hat und zwar auch dann, wenn keine endgültige Trennungsabsicht besteht, sondern nur der Wunsch, Frau und Kinder in einer anderen als der Ehewohnung unterzubringen (LG Berlin WuM 89, 301),
  • Gründung eines eigenen Haustandes des volljährigen Kindes des Vermieters

Eigenbedarf verneint wurde beispielsweise in folgenden Fällen:

  • Eine 4-Zimmer-Wohnung mit ca. 117 m2 soll zugunsten eines allein stehenden in der Berufsausbildung befindlichen Kindes des Vermieters beansprucht werden; hier liegt weit überhöhter Wohnbedarf vor (LG München I WuM 90, 352),
  • gleiches soll gelten, wenn eine 84 Quadratmeter große Wohnung für einen 19-jährigen Auszubildenden beansprucht wird (LG Bremen WuM 94, 541),
  • auch eine erst in der ungewissen Zukunft liegender Nutzungswusch kann eine unzulässige Vorratskündigung darstellen (BGH 18.5.05, VIII ZR 568/03, NZM 05, 580)

Unser Tipp für Mieter
Immer wieder hören wir in unserer Praxis den Einwand von Mietern, dass der Vermieter so eine große Wohnung doch gar nicht benötige. Mit diesem Einwand sollte gleichwohl vorsichtig umgegangen werden. Denn auch hier gilt: Eine nachvollziehbare Begründung reicht aus. Das LG Berlin hat beispielsweise entschieden, dass auch eine 200qm-Wohnung für eine dreiköpfige Familie zulässig sein kann – wenn ein Raum als Arbeitszimmer genutzt werden soll (LG Berlin, Urt. v. 07.05.2014; Az. 18 S 34/13).

Formale Anforderungen an eine Kündigung wegen Eigenbedarfs

Der Vermieter muss die Kündigung wegen Eigenbedarfs schriftlich erklären, § 568 Abs. 1 BGB. Die Kündigung ist eine sogenannte einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung. Dies bedeutet, damit die Kündigungserklärung wirksam wird, muss diese der anderen Mietvertragspartei auch zugehen.

Unser Tipp für Vermieter

Die Kündigung sollte nicht als normaler Brief versandt werden, da im Zweifel der Zugang des Kündigungsschreibens nicht nachgewiesen werden kann.

Der sicherste – wenn leider auch nicht der schnellste – Weg ist die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher.

Kündigungen per Einschreiben mit Rückschein sind nur geeignet, wenn der Mieter das Schreiben bei der Post auch wirklich abholt. Hierauf sollten Sie sich im Zweifel allerdings nicht verlassen. Auch ist in diesen Fällen nicht ohne weiteres von einer Zugangsvereitelung auszugehen.

Soll die Kündigung kurzfristig erfolgen, empfehlen wir die Zustellung durch einen Boten. Der Bote sollte protokollieren, dass er die Kündigung gelesen und eigenhändig in einen Briefumschlag gesteckt hat. Ferner, dass der verschlossene Brief nicht mehr geöffnet wurde, seit der Bote ihn verschlossen hat und dieser diesen bis zur Zustellung durch den Boten auch nicht mehr aus der Hand gegeben hat.

Dies mag sehr aufwendig erscheinen, es hilft aber, den Mieter „festzunageln“. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Zugang eine Kündigung im Prozess bestritten würde und der Vermieter in Beweisnot gerät.

Die Versendung per Einwurfeinschreiben empfiehlt sich auch nur eingeschränkt. Das Landgericht Potsdam, Urteil vom 27. Juli 2000, Az.: 11 S 233/99, sieht keine tatsächliche Vermutung für den Zugang einer Kündigung, wenn der Eingang des Schreibens beim Empfangspostamt (durch Auslieferungsbeleg) bewiesen ist.

Im Zweifel wäre es gegebenenfalls Sache des Vermieters unter Beweisantritt vorzutragen, welcher Mitarbeiter der Post in welcher Form die Sendung zugestellt hat.

Die Begründungspflicht der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs ergibt sich aus § 573 Abs. 3 BGB.

Unser Tipp für Vermieter

Da es für die Kündigung wegen Eigenbedarfs auf eine konkrete Darlegung des Eigenbedarfs ankommt, empfehlen wir dringend, sich bei der Formulierung durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Weitere wertvolle Informationen rund um das Thema „Eigenbedarfskündigung“ erhalten Sie unter www.eigenbedarfskuendigung.com